Das Sulinger Kreuz1

Strecke 219a: Nienburg (Weser) - Sulingen - Diepholz

Die Kursbuchstrecke 219a verläuft in Ost-West-Richtung von Nienburg nach Diepholz und kreuzt in Sulingen die Strecke Bünde-Bassum (219). Die Strecke 219a wurde im Jahre 1923 fertiggestellt und eröffnet. Die Bahn diente außer dem Personenverkehr überwiegend dem Transport landwirtschaftlicher Güter. Ab Mitte der 1950er Jahre kam der Transport von Erdöl aus Ölquellen der Region hinzu. Doch bereits in den 1960er Jahren war der überwiegende Teil des landwirtschaftlichen Transports auf die Straße verlagert. Dem Personentransport machte der Auto-Boom der 60er Jahre zunehmend zu schaffen. Bereits im Jahre 1966 stellte die Deutsche Bundesbahn den Schienen-Personenverkehr zwischen Diepholz und Sulingen, und 1969 schließlich auch zwischen Sulingen und Nienburg ein. Die Strecke wurde aber weiterhin im Güterverkehr genutzt. Recht bedeutsam war von 1937 bis 1995 der Gleisanschluß der “Muna Rehden” an den Bahnhof Rehden-Wetschen. Die “Muna” war bis 1945 eine Heeres-Munitionsanstalt, dann von 1956 bis Anfang der 90er Jahre mit 200 ha das flächenmäßig größte Luftwaffen-Munitionsdepot der Bundeswehr. Der versteckt durch den Wald führende Gleisanschluß war auf keiner Landkarte verzeichnet. Es dürften bis zur “Wende” viele Munitions-Transporte über die Bahn erfolgt sein. Seit den 2000er Jahren wird das Gelände der 1995 stillgelegten  “Muna” von der Warenumschlagsfirma “BTR-Logistik” genutzt. Sie wird von der Bahn über den Gleisanschluß der ehemaligen “Muna” von Diepholz aus über Rehden-Wetschen bedient. Die letzten Züge, die über die gesamte Teilstrecke zwischen Diepholz und Sulingen derzeit (2016) noch fahren, sind die etwa ein bis zwei Öl-Tankzüge pro Woche  für die Exxon Mobil in Barenburg. Von 1970 bis 2013 war noch fast täglicher Transport von Flüssigschwefel hinzugekommen. Die Erdgasentschwefelung bei Barenburg wurde jedoch im Jahre 2013 eingestellt. 

Das Streckenteilstück Nienburg-Sulingen wurde im Jahre 1992 gesperrt, nachdem bereits 1990 der Verkehr eingestellt worden war, 1993 aber nochmal kurzzeitig für Dienstzüge freigeben und vermutlich aus militärischen Gründen noch bis 1997 ohne Verkehr vorgehalten. Dann erfolgte die endgültige Stillegung. Mittlerweile ist die Strecke dort völlig mit Gestrüpp und Bäumen zugewachsen. Bei Harbergen-Staffhorst wurde die Bahn in einem Geländeeinschnitt mit Erde verfüllt um die Kosten für die Sanierung einer Straßenbrücke zu sparen. Gleiches geschah Anfang 2006 in Hassel bei Sulingen und bei Mehlbergen. Bei Mellinghausen hat man die Trasse ohne Entwidmung zur Hälfte mit einer Lagerhalle überbaut. Eine Reaktivierung wäre nur noch mit sehr großem Aufwand, u.a. mit dem Wiederaushub von Verfüllungen und dem Neubau von Straßenbrücken möglich. Man hat gewissermaßen “vollendete Tatsachen” geschaffen und damit eine Art von schleichender Entwidmung eingeleitet. Die gesetzliche Entwidmung und schließlich die Demontage der Strecke scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

Da das Streckenteil Diepholz-Sulingen im Güterverkehr noch befahren wird, könnte theoretisch ohne besonderen Aufwand dort der Personenverkehr reaktiviert werden. Allerdings käme dafür wohl mehr oder weniger nur ein touristischer Betrieb an besonderen Tagen und Anlässen in Frage, denn eine ausreichende Nutzung durch Pendler wäre zwischen Diepholz und Sulingen kaum zu erwarten, weil beide Orte nur ca. 30 km voneinander entfernte Kleinstädte sind, die Region dazwischen nur dünn besiedelt ist, und die Bundesstraße 214 der Bahnstrecke parallel läuft. Eine Reaktivierung der Gesamtstrecke 219a Diepholz-Sulingen-Nienburg hingegen könnte das Städtequartett Vechta, Lohne, Damme, Diepholz über Nienburg direkt an die Landeshauptstadt Hannover anbinden. Heute kann man Hannover vom Städtequartett im Schienenverkehr nur mit dem weiten und teuren Umweg über Bremen erreichen. Die Option ist allerdings wegen des katastrophalen Zustandes des Streckenteils Sulingen-Nienburg kaum noch realistisch.

 

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Strecke 219a mit Sonderzug bei Rehden (Teilstrecke Sulingen-Diepholz), Blickrichtung Diepholz. Foto vom März 2007. Die Telegrafenleitung wurde kurze Zeit später entfernt.

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Ein Tankzug der Exxon-Mobil auf dem Weg von Barenburg nach Diepholz im Bereich des ehemaligen Haltepunkt St.Hülfe, gezogen von einer dieselelektrischen Lokomotive der Baureihe 232 der ehemaligen Deutschen Reichsbahn der DDR (Foto von 2006)

 

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Historischer Triebwagen bei einer Sonderfahrt des AEBB von Sulingen nach Diepholz am 07.10.2012 bei St.Hülfe.

 

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Ein Container-Tankzug der BTR-Logistik am Bahnhof Rehden-Wetschen (Foto von 2007).

 

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Ein Auto-Transportzug fährt von Rehden-Wetschen über das alte Muna-Anschlußgleis durch den Wald zur Firma “BTR-Logistik”. Foto von 2016.

 

Daten zur Strecke 219a: Nienburg-Sulingen-Diepholz

Status: Nebenbahn, eingleisig, nicht elektrifiziert, Länge 61,5 km

Inbetriebnahme: 01.08.1921 (Sulingen-Siedenburg), 01.10.1921 (Sulingen-Wehrbleck), 15.10.1921 (Siedenburg-Harbergen/Staffhorst), 01.09.1922 (Lohe-Harbergen/Staffhorst), 01.10.1923 (Wehrbleck-Diepholz)

Personenverkehr-Ende: 25.09.1966 (Sulingen-Diepholz), 27.09.1969 (Nienburg-Sulingen)

Gesamtverkehr-Ende: 30.09.1990 (Lohe-Sulingen)

Stillegung: 30.12.1997 (Lohe-Sulingen)

 

Dieses Foto zeigt den Zustand der Teilstrecke Sulingen-Nienburg im Jahre 2007. Es entstand kurz vor der Einmündung der Strecke Rahden-Uchte-Nienburg vor dem Weser-Viadukt bei Marklohe, Blickrichtung Osten. Das Gleis ist vollständig zugewachsen und gar nicht mehr zu sehen, aber man hat offenbar vergessen, das Signal abzuklemmen. Der Signalfernsprecher und ein Telegrafenmast sind auch noch vorhanden.

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